Betrachtungen zum Aufklärer Bf 109 G-8

Typische Kennzeichen und Erklärungen dazu

Die Bf 109 G-8 ist seit vielen Jahren ein Wunschmodell von mir. Um die Bemerkungen weiter unten zu verstehen, muss ich vorausschicken, dass ich Flugzeuge in 1:72 baue. In der Zwischenzeit sind es ca. 420 Stück.

Da von keinem Hersteller die Bf 109 G-8 zu erwarten ist, freunde ich mich immer mehr mit dem Gedanken an, den Umbau selbst in die Hand zu nehmen.

Während der Recherchen musste ich bei Büchern, Bildern und Aussagen der "Experten" in der Fachwelt viele widersprüchliche Behauptungen über mich ergehen lassen. Nur Klarheit bekam ich nicht.

Dann stellte mir Herr Hafner vom "Luftfahrt-Archiv Hafner" das Flugzeug-Handbuch der Bf 109 G-8 von 1944 zur Verfügung. Da die Bf 109 G-8 aus der Bf 109 G-6 entwickelt wurde, braucht man nur das Teilheft 0 "Allgemeine Angaben" und das Teilheft 9H "Lichtbildanlage", die anderen Teilhefte sind identisch mit dem Flugzeug-Handbuch Bf 109 G-6.

Abschnitt I

Ich entnehme aus dem Hdb-Teil 0 nur die für die Identifikation wichtigsten Informationen (kursiv).

Flugzeuge der Baureihe Bf 109 G-8 werden als Nahaufklärer eingesetzt und können wahlweise für erhöhte Reichweite bzw. mit Abwurfwaffe unter dem Rumpf ausgerüstet werden.

Nahaufklärer, das waren die Augen des Heeres, sie flogen Gefechtsfeldaufklärung fürs Heer, so wie es z.B. die Hs 126 und die Fw 189 getan haben.

Eindeutig ist auch der Hinweis, dass diese Rüstsätze nur unterm Rumpf und nicht an den Tragflächen eingesetzt werden konnten.

Die Baureihe G-8 weist gegenüber der Baureihe G-6 folgende Abweichungen auf.

Rumpfwerk:

Die Rumpfspanten 5 und 6 wurden zwecks Aufnahme der Bildgeräterahmen durch Querträger verstärkt. Ferner sind in den Rumpfboden zwei Sichtöffnungen für die Bildgeräte geschnitten.

Es saßen jeweils 2 Querträger an den Rumpfspanten 5 und 6 und außerdem beidseitig ein Träger längs zwischen Spant 5 und 6.

Am Rumpfende waren im Rumpfboden zwei, und nicht nur eine Sichtöffnung für die Bildgeräte eingeschnitten.

Tragwerk:

In der linken Flügelnase ist ein kreisförmiger Ausschnitt für den Lichtstrahl der Kleinbildkammer Robot II eingebaut.

Bei den Aufklärern diente die Robot II zur Aufklärung und nicht zur Abschussbestätigung.

Bordfunkanlage:

Die Bordfunkausrüstung umfasst die Bordfunkgerätesätze FuG 17 und FuG 25a sowie eine Peilrufanlage (Rüstsatz 7). FuG 17 wird abgelöst durch FuG 16ZS.

Entspricht der Bf 109 G-6

Schusswaffenanlage:

Diese Baureihe ist mit zwei durch den Luftschraubenkreis schießende MG 131 sowie einem durch die Luftschraubenwelle schießenden MG 151/20 ausgerüstet.

Entspricht der Bf 109 G-6

Lichtbildanlage:

Es sind eingebaut:

  1. Eine Kleinbildkammer Robot II in der Flügelnase.
  2. Zwei Reihenbildner Rb 12,5/7x9 (wahlweise Rb 32/7x9) im Rumpfendezwischen Spant 5 und 6.

So waren auch die Bf 109 G-4/U3 und G-6/U3 ausgerüstet.

Rüstsätze:

Wahlweise Anbaumöglichkeit nachstehender Rüstsätze ist möglich:

Nachweisbar durch Bilder ist nur der Rüstsatz 3 zur Reichweiten-Erhöhung.

Abschnitt II

Kommen wir jetzt zu den Einzelheiten aus Teilheft 9 "Lichtbildanlage"

Das für Zwecke der Nahaufklärung eingesetzte Flugzeugmuster Bf 109 G-8 ist mit 1 Kleinbildkammer Robot II und wahlweise mit 2 Rb (Reihenbildner) 12,5/7x9 oder 2 Rb (Reihenbildner) 32/7x9 ausgerüstet.

Die Robot II ist in der linken Tragflächennase, die Reihenbildner sind im Rumpfende angeordnet.

Zwei Reihenbildner werden gebraucht, um 2 Bilder zubekommen, die sich etwas überlappen. Dadurch konnte man die Bilder stereoskopisch betrachten, d.h. man sah "dreidimensional" und erkannte besser "Erhöhungen" z.B. Fahrzeuge, Stellungen.

Der Rb 12,5/7x9 wurde für geringe Höhen genommen, ich schätze 150 – 300 m.

Der Rb 32/7x9 wurde für mittlere Höhen genommen, ich schätze 1000 – 2000 m.

Die Flügelnase hat für das Objektiv nach vorn einen Durchbruch, der zum Schutz des Objektivs mit einer Hartglasscheibe abgedeckt ist. Zusätzlich ist zum Schutz der Hartglasscheibe gegen vorzeitiges Erblinden durch anfliegenden Sand eine Blindkappe (roter Anstrich) vorgesehen, die bei allen Flügen ohne Robot-Einsatz aufgesetzt werden muss.

Die Aufnahmen erfolgen als Einzelbilder durch Druck auf den Knopf in mehr oder minder steilem Bahnneigungsflug, wobei das Objekt mit dem Revi anvisiert wird.

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Robot II Betätigungsknopf befindet sich am Gashebel. Im Buch "Bf 109" von H. H. Vogt ist auf S. 338 eine gute Abbildung davon zu sehen.

Verwendungszweck und Einbauort:

Die wahlweise eingebauten Reihenbildner Rb 12,5/7x9 oder Rb 32/7x9 dienen zur Herstellung von Senkrechtaufnahmen aus geringen und mittleren Höhen.

Die Geräte sind im Rumpf in Höhe des auf der linken Rumpfseite befindlichen Mannloches zwischen den Spanten 5 und 6 hintereinander und in Höhe und Längsrichtung gegeneinander versetzt eingebaut

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Ferner sind die Geräte Rb 12,5/7x9 je um 15°, die Geräte Rb 32/7x9 je um 6° von der Mittelsenkrechten nach links und rechts verschwenkt, um die Breite des Gelände zu erhöhen.

Beim Ein- und Ausbau der Geräte muss die dem Mannloch zugekehrte Strebe abgenommen werden.

Deshalb ist sie auf manchen Bildern zu sehen und auf anderen nicht.

Bildöffnung und Bodenschieber für Rb-Geräte

In der Rumpfunterseite sind zwei getrennte Bildöffnungen angebracht. Die Bildöffnungen werden durch Bildschieber abgedeckt, die innerhalb des Rumpfes in Führungen laufen und vom Führerraum aus über Umlenkrollen durch einen Seilzug geöffnet werden. Das Schließen erfolgt beim Nachlassen des Seilzuges durch zwei Spiralfedern, die beiderseits der rechten Bildöffnung angebracht und beim Öffnen gespannt werden.

Für mich heißt das, dass diese Öffnungen fast nicht zu erkennen sind. Um das im Maßstab 1:72 darstellen zu können, kann man nur die Öffnungen einritzen und dann die Oberfläche etwas abscha-ben.

Der Ring mit dem Seilzugende ist auf der linken Seite des Instrumentenbrettes unter dem Fahrwerkschalter in einem geschlitzten Halteblech angebracht. Zum Öffnen der Bildschieber wird der Seilzug herausgenommen und mit dem eingeschweißten Knoten vor dem Schlitz eingehakt. Zum Schließen der Bildöffnung rastet man den Knoten aus und lässt den Seilzug los. Das Schließen erfolgt dann selbstständig durch die beim Öffnen gespannten Federn am rechten Bildausschnitt.

Im Buch "Bf 109" von H. H. Vogt ist auf S. 340 eine gute Zeichnung des Gerätebrettes mit dem Hinweis auf die Position des Seilzuges zu sehen.

Die Schalttafel ist unterhalb des Zünderschaltkasten befestigt und mit zwei Steckern an den Stromkreislauf der Rb angeschlossen.

Diente dazu die Bildfolge entsprechend nach Geschwindigkeit und Höhe einzustellen.

Die Schalttafel wird später durch den Intervallgeber ersetzt, der an gleicher Stelle angebracht wird. Die Skala des Intervallgeber wird neuerdings nicht mehr in sec (20-60 sec), sondern in km Flughöhe eingeteilt. Dadurch wird dem Flugzeugführer ein rasches Einstellen der für die jeweilige Höhe erforderlichen Bildfolge erleichtert, denn es ist lediglich die erforderliche Höhe am Höhenmesser abzulesen.

Für Rb 12,5 und Rb 32 gibt es je eine besondere Skala. Beide Skalen sind rasch auf dem Intervallgeber anzubringen bzw. auszutauschen.


Zeichnung Rumpf mit Kameraöffnungen

Diese Abhandlungen beziehen sich alle auf die beiden Handbücher der Bf 109 G-8 (Teil 0 und 9H). Ich habe sie durch meine Gedanken ergänzt, die ich in Hinblick auf ein Modell in 1:72 habe. Ganz toll müsste es sich in 1:32 darstellen lassen.

Änderungen in der Truppe, die eventuell auch durch Bilder nachweisbar sind, habe ich nicht berücksichtigt.

Nach so viel Schreibkram kommt als Erholung der Bau einer Bf 109 G-8 in 1:72.

Peter Susat, Medelby (Juni 13)